49 Jahre nach der Einebnung wurde der Waldfriedhof der Hannoverschen Kinderheilanstalt, der auf dem Gebiet der Samtgemeinde Rodenberg im Deister liegt, am 1. Juli 2015 offiziell als Kriegsgräberstätte eingeweiht. Drei Stelen mit Namen, ein Grabzeichen vor dem umzäunten Gräberfeld, eine Infotafel und ein Gedenkstein in der Nähe kennzeichnen jetzt das Areal. Sie erinnern an mehr als 100 Kinder, die unter der "Obhut" des Krankenhauses an den Folgen von Vernachlässigung und Unterernährung starben und dort bestattet wurden.

Gedenkstein am Eingang zum FriedhofVon 1943 bis 1951 wurde das damalige Schullandheim der hannoverschen Herschelschule von der Kinderheilanstalt als Ausweichstandort genutzt. Dort starben mehr als 1.200 Kinder aus Hannover und dessen Umland, aus Flüchtlingsfamilien und von Eltern, die als ausländische Zwangsarbeiter in der Region arbeiten mussten. Seit 1945 als Friedhof offiziell anerkannt, waren die Gräber eine Zeitlang an kleinen, mit Bruchsteinen gerahmten Grabhügeln erkennbar, die schlichte, namenlose Holzkreuze trugen. 1966 wurde der Friedhof auf Drängen der Gemeinde Nienstedt eingeebnet und damit nach Ansicht des Hamelner Historikers Bernhard Gelderblom gegen geltendes Recht verstoßen. 1986 war der Friedhof bereits von zwischenzeitlich angepflanzten Tannen überwachsen und 1996 fast gänzlich im Wald verschwunden, ehe 2001 der Verein Schullandheim Nienstedt einen Gedenkstein für den Friedhof setzte.

Blick auf die GedenkstätteWenngleich sich die Namen der bestatteten deutschen Kinder noch nicht ermitteln liessen, konnte Bernhard Gelderblom die Identität der ausländischen Kinder, die auf dem Friedhof bestattet wurden, weitgehend ermitteln, denn die alliierten Militärbehörden hatten die deutschen Behörden nach Kriegsende verpflichtet, ausländische Opfer des Krieges und ihre Begräbnisorte zu melden.

Demnach starben in dem Ausweichkrankenhaus im Deister 107 ausländische Kinder - zumeist in den Monaten Juli bis September 1945. Die Mütter der Kinder waren ausländische Zwangsarbeiterinnen, weit überwiegend aus Polen (64), Russland bzw. der Ukraine (11), aber auch aus Belgien, den Niederlanden und Italien. 14 der Kinder, so fand Gelderblom heraus, hatten die Mütter auf dem Weg in die Zwangsarbeit nach Deutschland mitgebracht, die übrigen waren in Deutschland zur Welt gekommen, fünf davon im so genannten "Ausländer-Wöchnerinnenheim“ Godshorn in Hannover. Ein Großteil der Mütter waren in Zwangsarbeiterlagern untergebracht, allein 13 im Lager der Dynamit Nobel AG in Empelde, 8 im Lager Mühlenberg.

Weitere Informationen: www.geschichte-hameln.de/erinnerungsorte/; gedenkstaettenfoerderung.stiftung-ng.de/