Anton Kuh über Otto Gross

… seinem hackigen, wüst zerschnittenen Gesicht - einen "gerupften Raubvogel" nannte ihn ein Freund, der zu ängstlich blickte, um auch den lieben Struwwelpeter in ihm zu sehen -, seinem kinderreinen Fanatismus, seinem marterbereiten Dozententum - ja, allem bis aufs Haar! (nicht einmal zu vergessen, was ich den obrigkeitlichen Dummköpfen dieser Zeit nur ungern preisgebe, jener geistigen Trockenhitze, die die fixen Ideen so oft in die Nähe der Großen bringt). Und werdet nicht erkennen, daß dieser hohlgebrannte Anarchist ein störrischer, sonnenlungernder, das Gras mit einem Blumenstengel peitschender Knabe ist, der sich in einen Gedanken verguckt hat und daheim noch immer die Mutter warten läßt. Keine Zeit! - er muß erst, und kehre er mit Furchen und Narben, in der Zwangsjacke oder den Strick um den Hals heim, seinen Wunsch erfüllt haben: Vom lieben Gott persönlich gestreichelt zu werden - - - 

(Anton Kuh: Die Lehre des Otto Groß. In: Neues Wiener Journal, 11. Januar 1921, S. 5)


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Aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtet,

ist das Erschreckendste auf der Welt das eigene Leben,
die Tatsache, dass es nur dir selber gehört und sonst niemanden.

 

John Updike in memoriam