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Name:
Siebenaicher, Frieda
Geboren:
25. Dezember 1908, Neuscheibe/Niederschlesien
Bio:

Ihre Eltern hatten eine kleine Landwirtschaft, die die Existenzgrundlage der fünfköpfigen Familie bildete. Feldarbeit, Dreschen, Steine sammeln, Federn schleißen, Viehversorgung und andere Tätigkeiten; bei allem hatten Frieda und ihre Geschwister mitzuarbeiten. Nach dem Besuch der Gemeindeschule entfloh Frieda dem Elternhaus und arbeitete in verschiedenen Stellungen als Haus- und Kindermädchen. Mit 17 wurde sie schwanger. Arbeitskolleginnen vermittelten sie 1925 nach Berlin, um dort einen illegalen Abbruch vornehmen zu lassen. Dazu kam es jedoch nicht. Frieda Siebenaicher blieb in Berlin und arbeitete als Hilfskrankenschwester in einem privaten Sanatorium. Am 14. Dezember 1926, kurz vor ihrem 18. Geburtstag, entband sie ihre Tochter. Aufgrund ihrer Berufstätigkeit wuchs das Kind bei ihren Eltern auf. Während eines Genesungsaufenthaltes des sowjetischen Außenministers Tschitscherin in Berlin, lernte sie dessen Begleiter Eduard Davidowitsch Mander Lepinlausk kennen. 1928 übersiedelte Frieda Siebenaicher ohne ihre Tochter mit dem 40-Jährigen nach Moskau. Dort fühlte sich die junge Frau ohne jegliche Sprachkenntnisse und freundschaftliche Kontakte lange einsam. Mitte der 1930er Jahre musste sie die sowjetische Staatsbürgerschaft annehmen. 1937 wurde ihr Mann verhaftet. Am 26. April 1938 wurde Frieda vom NKWD abgeholt und in das Moskauer Butyrka-Gefängnis eingeliefert. Ein Sondergericht der Geheimpolizei verurteilte sie am 22. Mai 1938 "als Familienmitglied eines Verräters der Heimat" zu acht Jahren "Besserungsarbeitslager". Diese verbrachte Frieda Siebenaicher im Frauensonderlager bei Akmolinsk, Sowjetrepublik Kasachstan. Sie leistete vorrangig Zwangsarbeit in der landwirtschaftlichen Produktion. Nach ihrer Entlassung Ende 1946 wurde sie "auf ewig" nach Karaganda verbannt. Die ersten Jahre arbeitete Frieda Siebenaicher unter Tage im Kohleschacht, dann auf verschiedenen anderen Stellen. 1956 wurden sie und ihr Mann, der kurze Zeit nach seiner Inhaftierung erschossen worden war, rehabilitiert. Mitte der 1950er Jahre besuchte Frieda ihre Tochter in der DDR. Sie entschloss sich jedoch, in der UdSSR zu bleiben und zog nach Moskau. Dort arbeitete sie als technische Hilfskraft in einer Galerie und fand einen kleinen Freundeskreis ehemaliger Leidensgefährtinnen. Mitte der 1960er Jahre übersiedelte sie in die DDR und lebte als Rentnerin in Berlin. Im Jahr 2000 verstarb Frieda Siebenaicher.

Web:
www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/recherche/mediathek/frauen-im-gulag-innenansichten-des-lagers-akmolinsk
Literatur:

Stark, Meinhard: "Ich muß sagen, wie es war". Deutsche Frauen des GULag. Berlin: Metropol, 1999, bes. S. 254-255; Hedeler, Wladislaw: Möglichkeiten und Grenzen bei der Erstellung von Kollektivbiographien Dokumente von Gulag-Häftlingen in den Kaderakten der Komintern. In: Buckmiller, Michael u. Klaus Meschkat (Hrsg.): Biographisches Handbuch zur Geschichte der Kommunistischen Internationale. Berlin: De Gruyter, 2007, S. 404-405

Hilfestellung bei der Auflösung verwendeter Abkürzungen:
arrow Verzeichnis der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

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