... der Titel des Buches von Emanuel Hurwitz (Frankfurt 1979) zog mich magisch an und ich beschloß von meinem Privileg, das per Fernleihe bestellte Buch noch vor dem Benutzer zu lesen, Gebrauch zu machen. Damals - es muß Anfang des Jahres 1983 gewesen sein, arbeitete ich in der Fernleihe der Bibliothek der Medizinischen Hochschule Hannover und die wenigen "Perlen" unter den Fernleihbestellungen versüßten mir den Berufsalltag.

Es ergab sich bald darauf ein Gespräch mit dem Besteller, Prof. Dr. med. Gunter Hofer, der das Lehrgebiet "Vergleichende Psychopathologie" an der Hochschule betreute und wir beschlossen, gemeinsam der Hauptperson des Buches - Otto Gross - nachzuspüren. Hofer begann fleißig, Neuerscheinungen von Büchern, die Gross zum Gegenstand hatten, in der von mir herausgegebenen Zeitschrift "Laurentius - von Menschen, Büchern und Bibliotheken" zu besprechen, ich recherchierte zunächst nach den von Gross veröffentlichten Schriften, fand auch zwei bei Hurwitz nicht verzeichnete Arbeiten ("Zur Biologie des Sprachapparates", 1904, und "Die cerebrale Sekundärfunktion", Autoreferat, Amsterdam 1907) und begann, mich der Sekundärliteratur zu widmen, korrespondierte mit Tina Buhmann, Johannes Cremerius, Kurt R. Eissler, Emanuel Hurwitz, Peter Ludewig (dem ich den Hinweis auf die Selbstanalyse von Gross, die sich im Nachlaß von Cläre Jung befindet, verdanke), Hansjörg Viesel, Klaus Wagenbach und anderen. Hofer und mich faszinierte besonders die Beziehung zwischen Gross und Frieda Weekley und über das Harry Ransom Research Institute der University of Austin, Texas, erhielten wir die Briefe von Otto an Frieda und die Erlaubnis, sie in Deutschland zu publizieren. Die Realisierung dieses Plans wurde kurz darauf auf tragische Weise vereitelt: am 15. Februar 1990 starb Gunter Hofer, kurz nach seiner Emeritierung, an einer Krebserkrankung, mir fehlte der Ansprechpartner für den bislang so regen Gedankenaustausch in "Sachen Gross".

Daran konnte auch der sich im März 1990 entwickelnde Kontakt zu Rolf Mader, der in München an einer Magisterarbeit ("Die Rezeption der Psychoanalyse von Otto Gross durch Franz Jung", 1991) arbeitete und viel bislang unbeachtetes Material zutage förderte, wenig ändern. Sporadische Recherchen, Korrespondenz, Pläne für eine Werkausgabe von Gross bei der Edition Nautilus (Hamburg) bestimmten die Zeit bis 1997, als ich Besuch von Gottfried Heuer erhielt, der bis dahin - völlig unabhängig von mir - in ähnlicher Richtung geforscht und Material gesammelt hatte. Wie sich herausstellte, ergab unser beider "Archiv" ein relativ komplettes Verzeichnis der Gross'schen Werke und des Sekundärschrifttums, das wir 1999 auch im Druck 1999 vorlegten. Mit der Gründung der Internationalen Otto Gross Gesellschaft im gleichen Jahr ergaben sich weitere Möglichkeiten für die systematische Erforschung von Leben, Werk und Wirkung von Otto Gross.