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Name:
Hirsch, Werner Daniel
Geboren:
7. Dezember 1899, Deutsch-Wilmersdorf
Bio:
Sein Vater war ein jüdischer Landgerichtsrat, seine Mutter entstammte dem Adel von Bismarck. Hirsch, der sich mit 16 Jahren von seiner Familie trennte, agitierte bereits im Gymnasium gegen den Krieg und für die USPD. Während des Weltkrieges Bekanntschaft mit Pazifisten im "Bund Neues Vaterland" und mit Hugo Haase von der USPD. 1917 Mitglied der USPD und der Spartakusgruppe. Im Januar 1918 erstmals kurzfristig verhaftet, er hatte für den Apparat von Leo Jogiches gearbeitet. Vor Kriegsende zur Marine eingezogen, an der Revolution in Kiel beteiligt. Während der Novemberrevolution Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates in Hamburg, Mitbegründer der Volksmarinedivision in Cuxhaven, er nahm als Vertreter Cuxhavens am Gründungsparteitag der KPD teil. Hirsch trat zusammen mit Leo Jogiches und Karl Minster in der Vorbereitungssitzung des Spartakusbundes gegen die Schaffung der neuen Partei auf. Nach dem Gründungsparteitag von der Zentrale nach Hamburg entsandt, kam er noch im Januar 1919 nach Berlin zurück, wo er kurz vor der Ermordung Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs verhaftet wurde. Anfang 1920 Funktionär in Schleswig-Holstein, dort während des Kapp-Putsches im März 1920 Mitglied der BL, zeitweilig auch Mitglied des ZA. Nach der März-Aktion und dem Ausschluß Paul Levis 1921 schied Hirsch aus der KPD aus. Bis 1924 Seifenstanzer, dann freier Schriftsteller, ging als Korrespondent der "Vossischen Zeitung" nach Wien. 1924 erfolgte seine Wiederaufnahme in die KPD. Von September 1924 bis Juni 1925 leitete er als Chefredakteur die "Rote Fahne" in Wien. Aus Österreich ausgewiesen, wurde Hirsch Redakteur der "Roten Fahne" in Berlin bzw. der "Sächsischen Arbeiterzeitung" in Leipzig. Von 1926 bis 1928 Redakteur bzw. Chefredakteur der KPD-Zeitung "Der Kämpfer" in Chemnitz. 1927 kurze Zeit im Gefängnis, anschließend wieder in Berlin Redakteur der "Roten Fahne". Von 1928 bis 1930 zweiter Chefredakteur der "Roten Fahne" (neben Heinz Neumann), ab Ende 1930 Chefredakteur der "Roten Fahne". 1932 wurde Hirsch einer der Sekretäre Ernst Thälmanns und bekam damit großen Einfluß auf die Parteipolitik. Zusammen mit Thälmann am 3. März 1933 festgenommen, ist während seiner Haft u. a. im Columbiahaus, in den KZs Oranienburg und Lichtenburg schwer mißhandelt worden. Im Reichstagsbrandprozess musste er als Zeuge aussagen und gab zu, ein guter Freund Thälmanns gewesen zu sein. Der "Völkische Beobachter" nannte Hirsch "den Typ jener Juden, die vom Redaktionstisch der "Roten Fahne" aus die Arbeiterschaft ... aufhetzten". Im Zuchthaus Brandenburg wurde er, von der SS gehasst, brutal gefoltert, insbesondere weil er sich - wie später Heinz Altmann berichtete - als mutig und standhaft erwies. Nach Intervention seiner Mutter beim NS-Minister Hermann Göring (sie war mit Emmy Göring gut bekannt) wurde Werner Hirsch nach anderthalb Jahren aus der Haft entlassen. Er flüchtete nach Prag und anschließend in die UdSSR. Hier war er zunächst persönlicher Mitarbeiter von Wilhelm Pieck. Hirsch verfasste eine Broschüre über die NS-Verbrechen in den KZs, die 1934 von der KPD verbreitet wurde. Er bekam in Prag und dann in Moskau enge Verbindung zu Kreszentia (Zensl) Mühsam, der Witwe des von den Nazis im Juli 1934 ermordeten Anarchisten Erich Mühsam. Auch sie geriet in die Stalinschen Säuberungen und wurde als angebliches Mitglied der "trotzkistischen" und "terroristischen" Organisation von Max Hoelz und Erich Wollenberg verhaftet. Hirsch wurde nicht nur wegen dieser Beziehung beschuldigt, sondern ihm wurde auch vorgeworfen, im Reichstagsbrandprozess wie ein "Agent Hitlers" aufgetreten zu sein. Vom Politbüro der KPD bekam er deswegen am 15. April 1935 eine "scharfe Rüge". Seine Situation verschlimmerte sich so sehr, daß er im Juli 1936 bei der Komintern den Antrag stellte, aus dem Parteidienst entlassen zu werden und nach Paris ausreisen zu dürfen. Das machte ihn noch verdächtiger, obwohl er immer wieder seine Parteiergebenheit betonte und sich gegen die Anschuldigungen von Hans Kippenberger und anderen verwahrte, statt dessen beschuldigte er nun seinerseits diesen und weitere führende Kommunisten des "Verrats". Sofort nach dem Schauprozeß gegen Grigori Sinowjew im August 1936 ging Hirsch mit einem "Memorandum" in die Offensive. Darin griff er Kippenberger, aber auch Leo Flieg, Heinz Neumann undHermann Remmele als "prinzipielle Parteischädlinge" an. Am 4. November 1936 wurde Hirsch vom NKWD verhaftet. Ihm wurde vorgeworfen, "konterrevolutionären trotzkistischen" Gruppen anzugehören und "terroristische Anschläge" vorbereitet zu haben. Hirsch weigerte sich trotz der Folterungen, ein "Geständnis" abzulegen und beschwor seine Treue gegenüber der Partei. Bei den Verhören am 23.November 1936 und selbst noch am 17.Juni 1937 beharrte er darauf, die Anschuldigungen widersprächen "vollkommen den Tatsachen". (Vgl. die ausführlichen Belege bei R. Müller, "Menschenfalle Moskau", 2001.) In der Anklageschrift gegen Hirsch hieß es darüber hinaus, "daß er Agent des Abwehrdienstes der Reichswehr ist und Gen. Thälmann der Polizei auslieferte". Trotz Haft und Folter bestritt er in der kurzen Verhandlung vor dem Obersten Gericht der UdSSR am 10. November 1937 jede Schuld, dennoch zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt und auf die berüchtigte Gefängnisinsel Solowezki transportiert. Dort hat er (nach dem Bericht des Mithäftlings Karlo Stainer) "heldenhaft" gekämpft, mehrere Hungerstreiks geführt und musste 105 Tage in Einzelhaft im Karzer verbringen. Unter den Schikanen der NKWD-Wachmannschaften hatte er ganz besonders zu leiden, war 1941 so schwach, daß er sich kaum noch bewegen konnte. Hirsch wurde noch ins Moskauer Butyrka-Gefängnis überführt. Ob er nach NS-Deutschland ausgeliefert werden sollte, ist unbekannt, denn der kranke Werner Hirsch starb am 10.Juni 1941 in der Moskauer Haft, angeblich an Herzversagen.
Web:
www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3B-1424.html?ID=4468
Tod:

Verstarb am 10. Juni 1941 im Butyrka-Gefängnis in Moskau

Literatur:

Lukács, Georg, Johannes R. Becher, Friedrich Wolf u.a.: Die Säuberung. Moskau 1936: Stenogramm einer geschlossenen Parteiversammlung. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1991, S. 287